Sonntag, 14. September 2014

Gebete für die Vermissten

von Jennifer Clement

*Wir waren nur zwei Buchseiten in der Geschichte dieses Kontinents.
Man hätte uns genauso gut rausreißen, zusammenknüllen und in den Müll werfen können.*

Seite 167


In Mexiko verschwinden Jahr für Jahr, viele tausend Mädchen. Sie werden zur Prostitution gezwungen oder als Drogenkuriere missbraucht. Sie leben auf der Straße, oder in ärmlichen Verhältnissen, rundum Acapulco und Mexiko-Stadt. Kleine Mädchen müssen sich verstecken, schmutzig machen, verkleiden um nicht entführt zu werden.

Seit vielen Jahren kämpft die Polizei gegen Korruption und Drogen. Irgendwie scheint jeder, in diesem Sumpf verstrickt.


Dieses Buch handelt von einem Mädchen, Ladydi, die mit ihrer alkoholkranken Mutter, Vaterlos, in der Nähe von Acapulco auf einem Berg, zwischen Skorpionen, Schlangen und Mohnfeldern, aufwächst. Wenn gegenüber, auf den anderen Hügeln, schwarze SUV's, mit getönten Scheiben auftauchen, verstecken sich die Mädchen in Erdlöchern. Im Hochsommer sitzen sie vor den Kühlschränken,  wie vor einer Klimaanlage. Den Strom aus den Straßenlaternen gestohlen. Und manchmal verschwindet ein Kind. Da redet dann keiner darüber, das ist eben so. Oder eine Leiche wird im Dschungel gefunden, die keiner vermisst, die dann einfach verscharrt wird, damit nicht die Geier kreisen.

Ladydi, erzählt ihre Kindheit. Sie springt in ihren Erzählungen ständig hin und her. Sie erzählt, wie ihr die Gedanken im Kopf schwirren. Eben spricht sie von ihrer Schule, dann über ihre Mutter, um direkt über ihre Freundinnen zu reden. Sie berichtet über Kinder, die nur operiert werden, wenn die fliegenden Ärzte, durch Soldaten bewacht, in die Dörfer kommen. Lehrer (mal mehr mal weniger motiviert), die für ein Jahr, Unterricht an zusammengewürfelten Schulen machen.

Wie ich dieses Buch empfunden habe: Es ist schnell. Und etwas wirr. Die Gedanken und Erzählungen von Ladydi sind oft so durcheinander als hätte sie keine Zeit gehabt alles aufzuschreiben. Nach einigen Seiten habe ich mich allerdings daran gewöhnt und kann mit den Gedankensprüngen besser umgehen. Es ist spannend! Es fließt Blut und ist manchmal "unappetitlich". Aber es ist kein Thriller, es ist das echte Leben.

Suhrkamp Verlag Seiten: 229 ISBN: 978-3-518-42452-0 Erscheinungsdatum: 15.09.2014

Für Gebete für die Vermissten recherchierte sie über zehn Jahre lang in der mexikanischen Provinz und führte Hunderte Interviews mit vom Drogenkrieg betroffenen Mädchen und Frauen. 2009-2012 war sie Präsidentin des Mexikanischen PEN.
(Autorenvereinigung Pen tritt für die Freiheit der Sprache ein
Freies Wort Pen steht für poets, essayists, novelists (zu deutsch etwa: Poeten, Essayisten, Romanciers). Von ihrer Gründung im Jahre 1921 an setzte sich die Schriftstellervereinigung für die Freiheit der Meinungsäußerung und für Völkerverständigung ein. Weltweit sind bei Pen mehr als 140 Schriftstellerorganisationen aus 101 Nationen vereinigt.)

Wer noch mehr schöne Bücher sehen will, 
der schaut bei Nicole vorbei. 
Nicole sammelt dort die Bücher des Monats September!


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9 Kommentare:

Am/um 14. September 2014 um 17:54 , Blogger Tonkabohne meinte...

Liebe Andrea,
Ein sehr interessantes Buch über einen Brennpunkt Drogenkrieg und seine Opfer.
Regt sehr zum nachdenken an.
Herzliche Grüsse,
Sabine

 
Am/um 14. September 2014 um 22:42 , Blogger Unknown meinte...

Liebe Andrea,
ich mag Bücher direkt aus dem Leben, denn im Leben ist nicht immer alles rosa und himmelblau. Mir zeigen solche Bücher immer wie gut es mir geht. Danke für deinen Buchtipp.
Einen guten Start in die neue Woche - Stine -

 
Am/um 15. September 2014 um 08:49 , Blogger bluemchenmama meinte...

Liebe Andrea,

was für ein - leider sehr - trauriges Buch. Das reale Leben in Mexico.
Da ist das nackte Überleben ein alltäglicher Kampf.
Ich hoffe sehr, dass sich das mal irgendwann ändern wird.
Ist genauso schlimm wie in Indien. Da zählen Mädchenleben leider auch nichts.

Ein Buch das zum Nachdenken und Diskutieren anregt.

Sei ganz lieb gegrüßt von mir

Deine Bluemchenmama

 
Am/um 15. September 2014 um 13:00 , Blogger Kerstin M. meinte...

Liebe Andrea,
das Buch klingt wirklich interessant. Kommt auf meine Leseliste und ich werde es auch in meinem Lesekreis als nächste Lektüre vorschlagen. Danke für die Anregung.
Liebe Grüße,
Kerstin M. von Posseliesje

 
Am/um 15. September 2014 um 17:41 , Blogger niwibo meinte...

Liebe Andrea,
ein Buch aus der realen Welt. Diese Art Bücher mag ich sehr, hoffentlich bekomme ich so eins mal wieder angeboten.
Denn der leichte Roman von heute ist so gar nicht mein Stil...
Danke Dir für die Anregung und fürs Mitmachen,
liebe Grüße
Nicole

 
Am/um 16. September 2014 um 15:17 , Blogger Vabelhaft meinte...

Hallo Andrea,
ich sollte aufhören die ganzen Büchervorstellungen zu lesen... - zu viel interessante Bücher und zu WENIG Platz dafür. ;))
Ich werde mir das Buch in der nächsten größeren Buchhandlung mal etwas genauer anschauen. Danke, für den Tipp.
Herzlichste Grüße, Frau Vabelhaft

 
Am/um 16. September 2014 um 18:29 , Blogger Unknown meinte...

Hört sich nach einem sehr tollen Buch an. Danke fürs vorstellen
Liebe Grüße
Armida

 
Am/um 17. September 2014 um 21:00 , Blogger filigarn meinte...

Liebe Andrea,
das klingt nach einem spannenden Buch. Meine Oma mochte keine Romane und Krimis lesen, weil das Leben genügend eigene Geschichten schreibt. Nach solch einem Buch klingt deine Vorstellung. Würde ich gern mal lesen, daher kommt es gleich mit auf die Wunschliste! Dankeschön!!

Ganz liebe Grüße
Nadja & filigarn

 
Am/um 18. September 2014 um 16:58 , Blogger Renate meinte...

.... ein recht ernstes und wichtiges Thema.
Wichtig zu lesen, zu überdenken und wenn irgendmöglich zu handeln.
Wieder eine sehr gute Buchvorstellung von dir liebe Andrea !!!!!
;o) ....

 

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Ich würde mich freuen, wenn ihr mir ein paar nette Worte da lasst. Dann macht das Fotografieren, lesen und stricken nochmal so viel Spaß.

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